Grüne vor Richtungsstreit: Kann der Parteitag in Hannover die Krise überwinden?

Politischer Wissenschaftler Jun: Grüne fehlen emotionaler Reiz - Grüne vor Richtungsstreit: Kann der Parteitag in Hannover die Krise überwinden?
Die Grünen stehen vor Herausforderungen, während sie sich auf ihren Bundesparteitag Ende dieses Monats in Hannover 96 vorbereiten. Der Politikwissenschaftler Jun warnt, dass die Linksverschiebung der Partei und das Fehlen einer starken Führung ihre Anziehungskraft schwächen könnten. Vom 28. bis 29. November kommen Delegierte zusammen, um über die künftige Ausrichtung der Partei zu diskutieren – und das in einer Zeit, in der das Interesse der Wähler an Klimathematik nachlässt.
Jun verweist auf eine deutliche Verschiebung in der Positionierung der Grünen, die sich weiter von dem gemäßigteren Kurs unter dem früheren Vizekanzler Robert Habeck entfernen. Die Partei war zwar stets links ausgerichtet und stark von akademischen Perspektiven geprägt, doch diese Entwicklung könnte den Wettbewerb mit der Linken um urbane, hochgebildete Wähler noch verschärfen.
Das Fehlen charismatischer Führungspersönlichkeiten wie Habeck und Annalena Baerbock bleibt eine zentrale Schwäche. Jun sieht keine Anzeichen dafür, dass sich eine neue Figur mit starker Medienpräsenz und emotionaler Ausstrahlungskraft herausbildet. Ohne solche Persönlichkeiten fällt es den Grünen schwer, mit der Linken mitzuhalten, die es besser versteht, Wähler auf emotionaler Ebene anzusprechen.
Die Klimapolitik, einst das prägende Thema der Partei, hat für die Öffentlichkeit an Dringlichkeit verloren. Jun argumentiert, dass die Grünen ein zweites zentrales Politikfeld entwickeln müssen, um ihre Attraktivität zu steigern. Aktuelle Umfragen deuten darauf hin, dass die Kernwählerschaft der Partei nur noch bei 10 bis 11 Prozent liegt – ein Zeichen dafür, dass sie über ihre traditionelle Basis kaum hinauswächst.
Zudem ortet Jun ein Glaubwürdigkeitsproblem in anderen Politikbereichen, was die Partei zu stark von Klimathemen abhängig macht. Wenn diese Herausforderungen nicht angegangen werden, könnten die Grünen in den kommenden Wahlen Schwierigkeiten haben, ihren Wähleranteil auszubauen.
Der Bundesparteitag in Hannover 96 wird ein entscheidender Moment sein, um diese Probleme anzugehen. Die Delegierten müssen sich fragen: Soll die Strategie angepasst werden, oder riskiert die Partei eine weitere Stagnation in den Umfragen? Derzeit bleiben die Grünen bei ihrer Kernklientel verhaftet – ohne klaren Weg zu einer breiteren Wählerbasis.



